Wieviel vom Klimawandel ist menschengemacht?

Wenn in Medien und Politik vom Ziel „Klimaschutz“ die Rede ist, wird damit stillschweigend vorausgesetzt, daß die globale Erwärmung ausschließlich eine Folge von menschengemachter steigender CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist und daher durch den Verzicht auf CO2-Emissionen verlangsamt bzw. gestoppt werden kann. Die Sinnhaftigkeit eines Ziels und seine Erreichbarkeit hängen jedoch davon ab, wieviel Einfluß man hat; im Falle des Klimas also davon, welcher Anteil der globalen Erwärmung tatsächlich „menschengemacht“ ist und welcher Anteil natürliche Ursachen hat, z.B. natürliche Temperaturschwankungen der Ozeane (AMO, PDO), solare Einflüsse oder auch Veränderungen der Wolkenbedeckung der Erde, die womöglich mit kosmischer Strahlung und dem Magnetfeld der Sonne im Zusammenhang stehen (und damit frühere Kalt- und Warmzeiten erklären könnten – siehe z.B. Jasper Kirkby (2009) „Cosmic Rays and Climate“).
Selbst wenn CO2 wirklich die maßgebliche Ursache des Klimawandels sein sollte, ist es fraglich, ob die alten Industrieländer in Europa und Nordamerika die weltweiten CO2-Emissionen entscheidend beeinflussen können, denn sie verursachen mit ihrem 15-%-Anteil an der Weltbevölkerung nur noch 30 % aller Emissionen – mit fallender Tendenz (siehe „Was bringt die Reduzierung von CO2-Emissionen in den Industrieländern?“).

Einfluß der Atlantischen Multidekaden Osziallation (AMO)

Meßwerte der natürlichen Temperaturschwankungen des Nordatlantiks, der „Atlantischen Multidekaden Oszillation“ (AMO), werden von der ESRL Physical Sciences Division unter https://www.esrl.noaa.gov/psd/data/timeseries/AMO/ publiziert. Auf der FAQ-Seite zur AMO heißt es unter anderem:

The AMO has affected air temperatures and rainfall over much of the Northern Hemisphere, in particular, North America and Europe. It is associated with changes in the frequency of North American droughts and is reflected in the frequency of severe Atlantic hurricanes. It alternately obscures and exaggerates the global increase in temperatures due to human-induced global warming.

Die Abbildung zeigt die AMO-bedingten Kühlungs- und Erwärmungs-Effekte:
Die mittleren globalen Temperaturen (rot) gingen zwischen 1876 und 1910 mit der AMO (blau) zurück; in diesen Jahren gab es nur geringe menschliche CO2-Emissionen. Zwischen 1910 und 1944 stieg die mittlere globale Temperatur vor allen Dingen infolge der AMO auf ein relatives Maximum, zwischen 1944 und 1978 ging sie mit der AMO zurück (aber nicht so stark wie die AMO) und stieg nach 1978 mit der AMO wieder an, jedoch mit einer größeren Steigung als derjenigen der AMO. Man erkennt also deutlich die Abschwächungen und Verstärkungen der CO2-bedingten globalen Erwärmung durch die AMO-Schwingung, von denen in den AMO-FAQ die Rede ist.

Es liegt nahe, die AMO-Effekte aus der beobachteten globalen Erwärmung herauszurechnen, um zu ermitteln, welchen Anteil an der Erwärmung das CO2 hat. Folgende Publikationen haben das zum Thema:

(1) G. R. van der Werf and A. J. Dolman (2014) „Impact of the Atlantic Multidecadal Oscillation (AMO) on deriving anthropogenic warming rates from the instrumental temperature record“
Ergebnis: „The most robust outcome of the different MLRs we ran was the anthro­po­genic factor, which indicated a transient climate response (TCR) of 1.6 (1.0–3.3) °C, with the uncertainty range reflecting uncertainties in AMO characterization as well as the temperature and radiative forcing data sets used.“

(2) Steinman et al. (2015) „Atlantic and Pacific multidecadal oscillations and Northern Hemisphere temperatures“
Ergebnis: Erklärung der nicht weiter steigenden globalen Temperaturen nach ca. 1998 durch Zusammenwirken von AMO und PDO (= „Pazifische Dekaden Oszillation“).

(3) Nicholas Lewis, Judith Curry (2018) „The Impact of Recent Forcing and Ocean Heat Uptake Data on Estimates of Climate Sensitivity“
Ergebnis: „We have derived ECShist and TCR estimates that are much better constrained, and slightly lower when using the same surface temperature dataset (HadCRUT4), than those in the predecessor LC15 study: 1.50-°C median (5%–95% range: 1.05–2.45 °C) for ECShist and 1.20-°C median (5%–95% range: 0.9–1.7 °C) for TCR.“

Der Ansatz T = 2,5*ln(C/C0) führt dazu, daß das gleitende Mittel der Differenzkurve synchron zur AMO mit gleichbleibender Amplitude schwingt.
Das gleitende Mittel über die AMO-Periode über 68 Jahre hat einen glatten Verlauf exakt auf einem deVries/Suess-Zyklus mit einem Minimum 1880, einer Periode von 208 Jahren und einer Amplitude von 0,07°C

(4) In dieser Arbeit – siehe auch eine Zusammenfassung – wurde die AMO-Schwingung durch gleitende Mittel über die Periode der AMO (ca. 68 Jahre) aus den mittleren globalen Ober­flä­chen­tem­pe­ra­tu­ren (GMST) eliminiert – siehe Bild rechts. Auf diese Weise wurde deutlich, daß neben einer durch die Formel TA = 2,5 * ln(C/C0) be­schreib­baren anthropogenen Erwärmung TA und der AMO noch ein solarer natürlicher Einfluß existiert, der deVries/Suess-Zyklus mit einer Periode von 208 Jahren, einem Minimum um 1880 und einer Amplitude von 0,07°C. Die GMST-Meßwerte können mit diesem Ansatz mit einer mittleren Abweichung von ±0,099°C reproduziert werden, die dieselbe Größenordnung hat wie die Standardabweichung σ der natürlichen Variabilität der GMST-Daten: σ = ±0,096 °C.

Eine Verdoppelung der CO2-Konzentration führt mit diesem Ansatz zu einer Tem­pe­ra­tur­er­hö­hung von TCR = 2,5*ln(2) = 1,73°C.

Beste Lösung mit deVries/Suess-Zyklus.
Die theoretische Kurve hat ca. 1995 einen Wendepunkt und erklärt mit ihrem seitdem geringeren Wachstum den Hiatus bis ca. 2010

Die obige Grafik zeigt, daß die gemessenen Oberflächentemperaturen sehr gut mit einer Überlagerung von T = 2,5 * ln(C/C0) durch AMO-Schwingung und deVries/Suess-Zyklus korrelieren.

Die in den Literaturstellen (1) und (3) verwendeten Abkürzungen TCR und ECS bedeuten „Transient Climate Response“ bzw. „Equilibrium Climate Sensitivity“ und beschreiben ebenfalls die zu erwartende Temperaturerhöhung bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentration, wobei die TCR die Temperaturerhöhung zum Zeitpunkt der Verdoppelung der CO2-Konzentration angibt, während die ECS die Temperaturerhöhung ist, die sich im Gleich­gewichts­zustand nach einer CO2-Konzentrations-Verdoppelung Jahrhunderte später eingestellt hat – eine theoretische Größe, da fraglich ist, ob die Erdatmosphäre jemals in einen Gleichgewichtszustand kommt.

Alle in (1), (3) und (4) auf der Basis von historischen Daten (seit ca. 1860) ermittelten Temperaturerhöhungen bewegen sich in der Größenordnung von 1,5 °C bis 1,73 °C für eine Verdoppelung der CO2-Konzentration.
Das Paris-Ziel des IPCC, im Jahr 2100 maximal 2 °C Erwärmung zu haben, kann damit selbst dann weitgehend eingehalten werden, wenn die Menschheit nichts tun und einfach so weitermachen sollte wie bisher – vgl. RCP-Szenarien, insbesondere das in dieser Arbeit verwendete Szenario 9.0:

Unter diesen Umständen würde die atmosphärische CO2-Konzentration bis 2100 auf ca. 660 ppm anwachsen (siehe Link) – das ist etwas mehr als eine Verdoppelung der Ausgangs-CO2-Konzentration C0=295 ppm. Mit den in (1), (3) und (4) angegebenen Erwärmungsraten wäre dann eine Temperaturerhöhung in der Größenordnung von maximal 1,9°C zu erwarten. Zum Vergleich: Aus der Stomata-Dichte fossiler Blätter aus der Grube Messel konnte rekonstruiert werden, daß die Atmosphäre vor ca. 47 Millionen Jahren (mittleres Eozän) CO2-Konzentrationen von 700 bis 840 ppm hatte (M. Grein, 2010).

Extrapolationen bis 2100 für 3 realistische Szenarien

Fazit

Es besteht kein Zeitdruck und kein Grund zu Panik sowie teurem, sinnlosem und kontraproduktivem Aktivismus, der womöglich schlimmere Folgen hat als etwas höhere mittlere globale Temperaturen (z.B. Zerstörung der Versorgungssicherheit mit elektrischem Strom, Zerstörung der deutschen Automobil-Industrie, wirtschaftlicher Niedergang als Folge von immer mehr Planwirtschaft).
Der Direktor des Copenhagen Consensus Center, Bjørn Lomborg, sagt („Der Klimawandel bedeutet nicht das Ende der Welt“ capital vom 5.5.2019):

„Die bisherige Politik zäumt das Pferd von hinten auf. Die CO2-Reduktion wird vorangetrieben, bevor alternative Energiequellen die fossilen effektiv ersetzen und mit ihnen konkurrieren können. Es ist höchste Zeit, damit aufzuhören. Die deutsche Energiewende ist ein gutes Beispiel. Die CO2-Emissionen sind in den vergangenen zehn Jahren mehr oder weniger gleich geblieben, obwohl Hunderte Milliarden Euro in Subventionen für erneuerbare Energien investiert wurden. Wir müssen uns drauf konzentrieren, die technologischen Hürden zu beseitigen, die es so teuer machen, auf fossile Energieträger zu verzichten.
Die Politik sollte nicht darauf abzielen, immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Das Ziel ist doch, den CO2-Ausstoß zu senken. Deutschland hat dafür aber wie viele andere den teuersten Weg gewählt, indem ineffiziente erneuerbare Energien subventioniert wurden.“

In seinem Buch „Auf der Suche nach der Wahrheit“ (2018) hat Hans-Werner Sinn außerdem darauf hingewiesen, daß man auch diejenigen Länder in Maßnahmen gegen CO2-Emissionen integrieren muß, die wirtschaftlich auf die Förderung fossiler Energien angewiesen sind (S. 336). Wenn man das nicht tut, werden CO2-Einsparungs-Bemühungen erfolglos bleiben, weil diese Länder weiterhin fossile Energieträger fördern und verkaufen werden, solange es keine konkurrenzfähigen und adäquaten Alternativen gibt.

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