Globale Erwärmung – wer ist verantwortlich?
Auf der Homepage des Pariser Klimaabkommens heißt es in der Einleitung unter dem Titel „Understanding the UN climate change regime“:
More than a century and a half of industrialization, along with the clear-felling of forests and certain farming methods, has led to increased quantities of greenhouse gases (GHGs) in the atmosphere. The concentration of GHGs in the earth’s atmosphere is directly linked to the average global temperature on earth. The concentration has been rising steadily, and mean global temperatures along with it, since the time of the Industrial Revolution as a result from human activity, primarily the burning of fossil fuels and changes in land use.
Es wird nicht erwähnt, daß sich als Folge der industriellen Revolution in den vergangenen 150 Jahren nicht nur die CO2-Emission erhöht, sondern auch die Weltbevölkerung verfünffacht hat, und daß die beiden Entwicklungen sich gegenseitig bedingen.
Das Umweltbundesamt identifiziert die von „dem Menschen“ verantwortete Industrialisierung als Ursache des Klimawandels: „Mit der Industrialisierung sind die Emissionen von Treibhausgasen deutlich gestiegen. Verantwortlich dafür ist der Mensch. Die erhöhten Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre bewirken den zusätzlichen, vom Menschen verursachten Treibhauseffekt, in dessen Folge sich das Erdklima spürbar erwärmt.“
Der Fachbereich Geowissenschaften der FU Berlin urteilt vorsichtiger: „Diese Vielfältigkeit menschlicher Klimabeeinflussung verweist darauf, dass der Mensch – spätestens seit Beginn des industriellen Zeitalters – eine nicht zu unterschätzende Rolle im Klimageschehen spielt. Jedoch ist eine genaue quantitative Abschätzung der Einflussnahme des Menschen auf Klimaänderungen grundsätzlich nicht einfach, da sich die natürlichen Mechanismen und anthropogenen Klimaänderungen überlagern“ (siehe z.B. AMO und AMO-FAQ).
„Dem Menschen“ und der von „ihm“ verantworteten Industrialisierung wird auf diese Weise die Schuld an der globalen Erwärmung und ihren möglichen Folgen zugewiesen – siehe Wikipedia: „Globale Erwärmung ist der beobachtete und prognostizierte Trend zu einer im Vergleich zu den vorindustriellen Werten höheren globalen Durchschnittstemperatur mit Folgen wie steigende Meeresspiegel, schmelzende Gletscher, Verschiebung von Klimazonen, Vegetationszonen und Lebensräumen, verändertes Auftreten von Niederschlägen, stärkere oder häufigere Wetterextreme wie Überschwemmungen, Stürme und Dürren, Ausbreitung von Parasiten und tropischen Krankheiten sowie mehr Umweltflüchtlinge. Massenmedien sprechen in diesem Zusammenhang verschiedentlich von einer „Klimakatastrophe“.“
Im Fokus der Schuldzuweisung steht „der Mensch“ und „die Industrialisierung“, wobei in der Regel weder das enorme Bevölkerungswachstum der letzten 150 Jahre in die Überlegungen einbezogen noch der Zusammenhang zwischen „Industrialisierung“ und Bevölkerungswachstum erwähnt wird. Ausnahmen sind:
- Eine Warnung des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (Unfpa) vor den dramatischen Folgen des Bevölkerungswachstums für den Klimawandel: „Je mehr Menschen auf der Erde leben, desto mehr Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2 ) setzten sie frei.“ (siehe „Welt Online“, 2009: UN-Studie: Bevölkerungswachstum zerstört das Weltklima).
- Ein Artikel „Bevölkerungswachstum als Triebfeder des Klimawandels“ des Berlin-Institus für Bevölkerung und Entwicklung (Dezember 2010):Die hohe Variante (des zu erwartenden Bevölkerungswachstums) tritt ein, wenn die weltweite Fertilitätsrate bis 2050 auf dem heutigen Stand von 2,5 Kindern bleibt. Sie lässt eine Weltbevölkerung von knapp 10,5 Milliarden erwarten – das wären gut anderthalb mal so viele Menschen, wie heute auf der Erde leben (Datengrundlage: Vereinte Nationen).
Im Hinblick auf das Klima wäre es ideal, wenn die niedrige Wachstumsprognose (d.h. Stabilisierung der Weltbevölkerungszahl bei 8 Milliarden) einträfe. Die Forschergruppe um O’Neill sagt voraus, dass sich durch eine derart langsame Bevölkerungsentwicklung 16 bis 29 Prozent der Emissionsreduzierungen erzielen ließen, die bis 2050 nötig sind, um den Klimawandel einzuschränken. Konkret geht es um die schwer vorstellbare Menge von 1,4 bis 2,5 Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr (d.h. es wird von einer Pro-Kopf-Emission von ca. 1 t/Jahr gerechnet).
Dass die niedrige Wachstumsprognose eintrifft, ist aus Sicht vieler Demografen jedoch unwahrscheinlich, da sie voraussetzt, dass die Fertilitätsrate von heute 2,5 Kindern pro Frau im weltweiten Durchschnitt bis 2050 auf 1,5 Kinder pro Frau sinkt. Selbst das Eintreffen der milderen, mittleren Wachstumsprognose der Vereinten Nationen (auf ca. 9,3 Milliarden bis 2050) ist keineswegs garantiert, auch wenn sie häufig als eine Art Standardfall angenommen wird. Doch auch bei dieser Prognose müsste die Fertilitätsrate um immerhin 0,5 Kinder pro Frau fallen.
Gewöhnlich werden keine globalen Bilanzen in den Blickpunkt gerückt, sondern es werden meist Unterschiede von Ländern betrachtet, in denen die einen Länder als „Verursacher“ und die anderen als „Opfer“ dargestellt werden, siehe z.B. Bevölkerungswachstum und Klimawandel in globalisierung-fakten.de: „Hauptsächlich sind es die Industrieländer, die mit dem vergleichsweise hohen CO2-Ausstoß den klimatischen Wandel hervorrufen. Unter den Folgen leiden vor allem die Entwicklungsländer.“
Industrialisierung, Bevölkerungswachstum und CO2-Emissionen
Bevölkerungswachstum und Industrialisierung gehen Hand in Hand: Ohne Industrialisierung hätte es keine Bevölkerungsexplosion (Verfünffachung der Weltbevölkerung in nur 150 Jahren) gegeben, und Gesundheit, Ernährung und Wohlstand der jetzt lebenden 7,5 Milliarden Menschen könnten ohne industrielle Methoden und Techniken nicht aufrecht erhalten werden.
Das Bild zeigt den dramatischen Bevölkerungszuwachs im vergleichsweise kurzen Zeitraum des „Industriezeitalters“. Auch das vorherige „Agrar-Zeitalter“ hatte zu einem besseren Nahrungsmittelangebot und damit einem deutlichen Bevölkerungszuwachs im Vergleich zur vorherigen Zeit der Jäger und Sammler geführt.
Die Verdoppelung der Weltbevölkerung seit ca. 1970 führte zu einer Verdoppelung potentieller Kunden von industriellen Produkten (den Kunden ist es dabei egal, in welchem Land der Erde die Produktion der von ihnen erworbenen Waren zu CO2-Emissionen führte). Eines dieser Produkte ist z.B. der industriell gewonnene Stickstoff-Dünger (Haber-Bosch-Verfahren). Laut dem „Bild der Wissenschaft“-Artikel „Weniger ist zu wenig – nur mit Hochleistungszucht, Dünger und Pestiziden lassen sich auf begrenzter Fläche hohe Erträge erzielen“ werden heute 40 Prozent aller Menschen nur dank „Kunstdünger“ satt.
Jeder Mensch braucht Nahrung, Kleidung, Energie zum Kochen, Heizen, Kühlen, Personen- und Güterverkehr, Erzeugung von Dünger und Zement, Kommunikation und Datenverarbeitung, sowie industriell hergestellte Medikamente, und jeder Mensch hat das Bestreben, daß es ihm wirtschaftlich besser geht. Wie die Grafik „Prevalence of undernourishment“ (siehe Our World in Data) zeigt, fiel die Anzahl der unterernährten Menschen zwischen 1991 und 2015 relativ von 18,6 % auf 10,9 % und auch absolut von 1,0 Mrd. auf 0,79 Mrd. Menschen, obwohl die Weltbevölkerung in diesen 24 Jahren um 2 Mrd. Menschen anwuchs. Das heißt, daß die Menschheit in unseren Zeiten insgesamt erfolgreich darin ist, den Lebensstandard in der Breite zu steigern.
Mit steigendem Wohlstand sind steigende CO2-Emissionen verbunden, wie das Bild „CO2 emission per capita vs GDP per capita“ (siehe: Our World in Data) zeigt, in dem viele Länder der Erde bzgl. pro-Kopf-Bruttosozialprodukt und pro-Kopf-CO2-Emission eingetragen wurden.
Die beiden bevölkerungsstärksten Länder der Erde, China und Indien, in denen fast ein Drittel der Menschheit lebt, sind dabei, ihren Wohlstand immer weiter zu steigern, und erhöhen damit auch ihre CO2-Emissionen pro Kopf, während die pro-Kopf-Emissionen in den klassischen Industrieländern seit ca. 1980 zurückgegangen sind (Quelle: Our World in Data, Grafik „CO2 emissions per capita“).
Dementsprechend wurde China mittlerweile zum größten CO2-Emittenten vor den USA und hat gemeinsam mit Indien die größte Steigerungsrate (Quelle: Our World in Data – „Annual Share of global CO2 emissions“).
„Klimaschutz“-Maßnahmen (wie der teure Verzicht auf CO2-Emissionen bei Energie-Gewinnung, Heizung, Verkehr usw.) haben eine ähnliche Problematik wie (einseitige) Abrüstung: Wenn nicht alle mitmachen, schwächt sich derjenige, der in Vorleistung tritt, stärkt damit andere, und für die Welt ist nichts gewonnen. Im Unterschied zum Abrüstungs-Dilemma gibt es jedoch eine Alternative: Verzicht auf CO2-Emissionen nicht als planwirtschaftlich durchgesetzte (Zwangs-)Maßnahme für einzelne Länder – was nichts bringt, weil fossile Energien dadurch für die Länder, die nicht mitmachen, konkurrenzlos günstig würden -, sondern als Folge einer Verdrängung vom Markt durch die Entwicklung billigerer und emissionsfreier Energiegewinnungsverfahren. Der Einsatz finanzieller Mittel für solche Entwicklungen wäre weitaus sinnvoller als die Finanzierung letztlich wirkungslosen und schädlichen Verzichts.