In seiner Pressemitteilung vom 30.7.2019 schrieb der DWD: „Mit 18,9 Grad Celsius (°C) lag im Juli der Temperaturdurchschnitt um 2,0 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Gegenüber der Vergleichsperiode 1981 bis 2010 betrug die Abweichung nach oben 0,9 Grad“ und publizierte dazu die folgende Grafik (Quelle: DWD):
Frank Matthäus (Statisticum.info) wies in seinem am 13.8.2019 publizierten Artikel „Die ewige „international gültige Referenzperiode““ darauf hin, daß die Referenzperiode 1961-1990 willkürlich gewählt ist. Das stimmt zwar – das eigentliche Problem ist jedoch, daß die in den Daten sichtbare Langzeit-Schwingung vom DWD ignoriert wurde.
Die über 30 Jahre gemittelte Trendlinie (fett blau in Abb. 1) zeigt für die Jahre vor ca. 1980 eine Multidekaden-Schwingung mit einer Periode von ca. 70 Jahren: Es ist die Auswirkung der AMO-Schwingung, von der laut NOAA AOML Frequently Asked Questions About the Atlantic Multidecadal Oscillation (AMO) bekannt ist, daß sie die Temperaturen in Nord-Amerika und Europa periodisch beeinflußt: „It alternately obscures and exaggerates the global increase in temperatures due to human-induced global warming“.
Eine Glättung über je 30 Jahre ist willkürlich und wegen des fehlenden Bezugs zur Periode der überlagerten Schwingung nicht geeignet, die AMO-Variabilität aus der Temperaturkure zu eliminieren. Sinnvoll ist stattdessen eine Glättung mit gleitenden Mittelwerten über die AMO-Periode von 68 Jahren – siehe Kapitel über „Multidekaden-Oszillationen“. Gleitende Mittelwerte mit der AMO-Periode eliminieren sowohl die zufälligen Temperaturschwankungen als auch die AMO-Schwingung und machen die globale Erwärmung dadurch deutlich sichtbar – siehe Abb. 2.
Mit Hilfe der DWD-Tabelle „Air Temperature Mean“ für den Monat Juli kann man eine neue Grafik erstellen, in der die Schwankungen der Juli-Durchschnittstemperaturen um ihren „Normalwert“ 17 °C (siehe DWD-Grafik) einem gleitenden Mittel von 68 Jahren unterworfen werden (die rote Kurve der gleitenden Mittelwerte beginnt 34 Jahre nach 1881 und endet 34 Jahre vor 2019 – im Unterschied zur fett blauen DWD-Kurve, die über den gesamten Wertebereich gezeichnet wurde, owohl sie laut Legende Mittelwerte über je 30 Jahre darstellen soll):
Ab den 1950er Jahren (1959: Beginn der systematischen Mauna-Loa-CO2-Messungen; davor: CO2-Konzentrations-Meßwerte aus Eisbohrkernen) stimmen in Abb. 2 das gleitende Temperatur-Mittel und der im Kapitel „Globale Erwärmung“ gefundene Zusammenhang [ Globale Erwärmung = 3,1*ln(C/C0) ] sehr gut überein.
Die Juli-Temperatur-Differenz T – 17 – 3,1*ln(C/C0) muß dann ein Abbild der von der AMO-Schwingung verursachten Temperatur-Variabilität sein. Die für diese Untersuchung notwendigen AMO-Juli-Meßwerte findet man bei NOAA AOML.
Die rote Differenzkurve in Abb. 3 ist durch eine Sinus-Schwingung mit der Amplitude 0,4°C am besten approximierbar (kleinste Fehlerquadratsumme). Der mit dem Faktor 2 multiplizierte AMO-Index (Juli-Werte) wird durch die gelbe Sinus-Schwingung ebenfalls optimal angenähert.
Damit kann man die durchschnittlichen Juli-Temperaturen T(Juli) in Deutschland durch die folgenden Ausdrücke beschreiben (in Abb. 4 graphisch dargestellt):
(1) T(Juli) = 17 + 3,1*ln(C/C0) + 0,4 * sin(2π/68*(jahr-1927)) (°C)
(2) T(Juli) = 17 + 3,1*ln(C/C0) + 0,2 * AMO-Index(Juli) (°C)
Die überlagerte AMO-Schwingung macht ±0,4 °C aus – von ihrem Minimum zu ihrem Maximum also fast 1 °C. Vergleichen darf man also nur Werte, bei denen die Schwingung sich in derselben Phase befindet:
- Von 1880 bis ca. 1945 erhöhte sich die Temperatur CO2-bedingt um 0,25 °C
- Von 1880 bis ca. 2019 erhöhte sich die Temperatur CO2-bedingt um 1,0 °C
Der Juli-Wert des Jahres 2019 liegt 1,9 °C über dem „Normalwert“ von 17 °C. Von der Differenz 1,9 °C sind die Hälfte (1,0 °C) auf die globale Erwärmung und die andere Hälfte auf die AMO-Schwingung sowie zufällige Anteile zurückzuführen. Abb. 5 zeigt, daß die natürliche Variabilität der durchschnittlichen Juli-Temperaturen in den vergangenen 140 Jahren bis zu ±3 °C betragen hat. Schon wegen dieser großen Schwankungsbreite verbietet es sich, aus einzelnen Monatswerten Aussagen über „die Klimaerwärmung“ abzuleiten.
Fazit
Die DWD-Pressemeldung und die DWD-Grafik ignorieren ebenso wie der IPCC (siehe cdatac-Übersichtsartikel) die AMO als erheblichen Einflußfaktor auf die mittleren Temperaturen, obwohl bekannt ist, daß die AMO die mittleren Temperaturen periodisch und nicht unerheblich beeinflußt (siehe NOAA AOML). Damit wird weder diskutiert, warum zwischen 1945 und 1978 die mittleren Temperaturen gefallen sind, obwohl die CO2-Konzentration von 310 ppm (1945) auf 335 ppm (1978) gestiegen ist, noch wird berücksichtigt, daß der starke Temperaturanstieg zwischen 1980 und 2005 aus der Überlagerung von AMO-bedingter und CO2-bedingter Temperatur-Erhöhung resultierte. Seit dem Anfang des neuen Jahrtausends befindet sich die AMO in der Nähe ihres Maximums, womit der starke Anstieg vorerst gestoppt wurde (siehe Abb. 4 und Steinman et al. (2015) „Atlantic and Pacific multidecadal oscillations and Northern Hemisphere temperatures“ ).
Probe
Eine Bereinigung der Juli-Temperatur-Meßwerte um die systematischen Einflüsse sollte die rein statistischen Schwankungen um den vom DWD so bezeichneten Juli-Normalwert von 17 °C darstellen:
Die blaue Kurve in Abb. 5 zeigt die Schwankungen der Temperatur-Meßwerte um 17 °C nach Subtraktion der AMO-Meßwerte und der CO2-bedingten Temperatur-Erhöhung. Die gleitenden Mittelwerte über je 30 Jahre der bereinigten Temperaturen (gelb und grün) schwanken nur um maximal ±0,3 °C (und ohne Bezug zur AMO-Schwingung) um den Temperatur-Normalwert, während die gleitenden Mittel der Original-Meßwerte (rote Kurve) wie in Abb. 1 die AMO-Schwingung erkennen lassen und damit keine Aussage zulassen, welcher Anteil der Temperaturerhöhung der erhöhten CO2-Konzentration zuzuordnen ist, welcher der AMO, und welcher zufälligen statistischen Schwankungen.
Abb. 5 läßt erkennen, daß die Variabilität der durchschnittlichen Juli-Temperaturen in Deutschland um den durch Formel (1) oder (2) beschriebenen korrigierten „Normalwert“ in den vergangenen 140 Jahren bis zu ±3 °C betragen hat.