Linear oder logarithmisch? Test der Prognose-Qualität

In „Multidekaden-Oszillation und solarer Zyklus“ wurde gezeigt, daß die HADCRUT4-Meßdaten der globalen Erwärmung ebenso gut durch einen linearen wie durch einen logarithmischen Ansatz bzgl. der atm. CO2-Konzentration C reproduziert werden können. Die mittleren Abweichungen σ = ±0,099°C der Temperatur-Meßwerte von den jeweils angesetzten theoretischen Kurven haben dabei die Größenordnung ihrer natürlichen Variabilität von 0,096°C:

Abb. 1 | Logarithmischer und linearer Ansatz
Berechnung der Parameter unter Einbeziehung aller Meßdaten bis 2019

Dabei wurden die natürlichen Temperatureinflüsse durch den deVries/Suess-Zyklus (VSZ; Amplitude 0,08°C) und die AMO (Amplitude 0,1°C) beschrieben:

VSZ = -0,08 * cos(2π/208*(t-1880)) °C

AMO = 0,1* sin(2π/68*(t-1927)) °C

Prognose-Qualität

Die Prognose-Qualität der beiden Ansätze kann dadurch bestimmt werden, daß nur die Meßwerte von 1850 bis zu einem bestimmten Jahr (z.B. 1930) für die Berechnung der freien Funktionsparameter herangezeogen werden. Die Temperaturen aller späteren Jahre werden dann durch Extrapolation bestimmt.

Abb. 2 | Die Parameter s1/T01 bzw. s2/T02 wurden für Meßwerte von 1850 bis x (x=1930, 1940, 1950, … , 2010) bestimmt. Mit diesen Parametern wird dann für die Jahre x+1 bis 2019 extrapoliert

Man sieht in Abb. 2 einerseits, daß beide Ansätze auch über 90 Jahre hinweg beachtlich gute Prognosen der Temperatur im Jahr 2019 liefern, und andererseits, daß die „Schere“ zwischen linearem Ansatz (rot) und logarithmischen Ansatz (grün) sich umso mehr öffnet, je weiter in die Zukunft extrapoliert wird.

Abb. 3 | Prognose der Temperatur-Anomalie des Jahres 2019 als Funktion des Jahres, bis zu dem gerechnet wurde

In Abb. 3 werden die mit den beiden Ansätzen für 2019 „vorhergesagten“ Temperaturen dargestellt. Die Abszisse ist jeweils das Jahr, aus dem das letzte berücksichtigte Meßergebnis stammt.
Beispiel: Mit Parametern, die aus den Meßwerten von 1850 bis 1930 bestimmt wurden, berechnet der logarithmische Ansatz T(2019) = 0,93°C, während der lineare Ansatz das Ergebnis 1,15°C hat.

Resultat:

Der lineare Ansatz hat die Tendenz, zukünftige Temperaturen zu überschätzen: Die Vorhersagen für 2019 werden entlang der abfallenden Regressionsgeraden (mit dem hohen Bestimmheitsmaß R²=0,70) immer niedriger.

Der logarithmische Ansatz liefert hingegen bei einer Extrapolation in die Zukunft vergleichsweise stabile Werte: Bestimmheitsmaß R²=0,17; Standardabweichung = 0,05°C; Mittelwert der Einzelergebnisse = 0,95°C ≈ T(2019).

Fazit:

Die bessere Prognose-Qualität spricht dafür, daß der logarithmische Ansatz korrekt ist und der lineare Ansatz nicht. Dieses Ergebnis entspricht der Physik – siehe „Strahlungsantrieb“ in Wikipedia – und ist kompatibel mit der Angabe einer TCR im IPCC-Report 2013.

Nachbemerkung: Warum können die bisherigen Daten auch mit einem linearen Ansatz gut reproduziert werden?

Abb. 4 | Vergleich des linearen (rot) und des logarithmischen Ansatzes für die Beschreibung der anthropogenen Erwärmung.
Die blaue Kurve zeigt die natürlichen Einflüsse (die Überlagerung von deVries/Suess-Zyklus und AMO)

Abb. 4 zeigt, wie wenig sich der lineare und der logarithmische Ansatz zwischen 1850 und 2019 unterscheiden. Auffällig ist, daß die Steigung des linearen Ansatzes nach 1980 erkennbar größer wird, so daß dieser den logarithmischen Ansatz kurz vor dem Jahr 2010 schneidet.

Eine Umrechnung (vgl. Link) überführt den linearen in den logarithmischen Ansatz:

Mit der kumulierten CO2-Emission m, der atm. CO2-Konzentration C,
der (C-C0) entsprechenden atm. CO2-Masse mAtm = (C-C0)/0,128 und der Airborne Fraction f = mAtm/m wird für die anthropogene Erwärmung T linear angesetzt:

(1) T = 0,82 * m/1600 = 0,82 * 1/1600 * mAtm/f

(2) T = 0,82 * 1/1600 * 1/f * (C-C0)/0,128 * C0/C0 = k/f * (C-C0)/C0 mit

(3) k = 0,82/0,128 * C0/1600

Ein Ersetzen von (C-C0)/C0 durch ln(1+(C-C0)/C0) = ln(C/C0) in Formel (2) ergibt:

(4) T = k/f * ln(C/C0) * (C-C0)/C0 * 1/ln(C/C0)

(5) T = s * ln(C/C0) mit

(6) s = k/f  * (C-C0)/C0 * 1/ln(C/C0)

Die Airborne Fraction f ist mit steigender CO2-Konzentration C von ca. 58 % auf ca. 55 % zurückgegangen, was man ausdrücken kann durch

(7) f ≈ 0,724 – 0,128 * C/C0

Damit kann man die Steigung s des logarithmischen Ansatzes – ausgehend vom linearen Ansatz – näherungsweise folgendermaßen als Funktion von C formulieren:

(8) s ≈ 0,82/0,128 * C0/1600 * 1/(0,724 – 0,128 * C/C0) * (C-C0)/C0 * 1/ln(C/C0)

Abb. 5 | Steigung des log. Ansatzes, berechnet aus dem linearen Ansatz (rote Kurve; extrapoliert: gelbe Kurve)
zum Vergleich: Steigung des log. Ansatzes (grüne Kurve)

In Abb. 5 erkennt man, daß die aus dem linearen Ansatz berechnete Steigung s bis 1950 praktisch konstant war (etwas unterhalb der Steigung des logarithmischen Ansatzes) und sich seitdem nur vergleichsweise wenig erhöht hat. Das drückt sich in Abb. 4 dadurch aus, daß die lineare (rote) Kurve fast bis 2010 unterhalb der logarithmischen (grünen) verläuft. Rote und grüne Kurve schneiden sich kurz vor 2010 sowohl in Abb. 5 als auch in Abb. 4.

Die in Abb. 5 eingezeichnete gelbe Fortsetzung der aus dem linearen Ansatz berechneten Steigung s für das „weiter-wie-bisher“-Szenario 9.0 zeigt, daß die Prognosen aus dem linearen Ansatz (rot und violett in Abb. 6) deutlich höher liegen werden als diejenigen des logarithmischen Ansatzes T = 2,44 * ln(C/C0) – grün in Abb. 6.

Abb. 6 | Anthropogene Erwärmung linear (violett und rot) sowie logarithmisch (grün).
Als Summe der natürlichen Temperaturveränderungen (blau) und der log. berechneten anthropogenen Erwärmung (grün) ergibt sich die resultierende globale Erwärmung (dunkelrot; gleitendes Mittel der Meßwerte: schwarz)

In Abb. 6 zeigt sich, daß die aus dem linearen Ansatz näherungsweise (Ersatz der Airborne Fraction durch eine lineare Approximation) bestimmte Steigung s ab ca. 2070 zu etwas höheren Temperaturen führt als der originale lineare Ansatz T = m/1600. Der logarithmische Ansatz (grün) führt bei der Rechnung für ein „weiter-wie-bisher“-Szenario zu einer globalen mittleren Oberflächentemperatur von nur 2°C (im Vergleich zu 3°C linear). Die Überlagerung der natürlichen Einflüsse wird bis kurz vor 2050 die anthropogene Erwärmung nahezu kompensieren, so wie es auch schon zwischen 1940 und 1975 der Fall war.