Vorindustrielle CO2-Konzentration

Die Kenntnis der vorindustriellen atmosphärischen CO2-Konzentration C0 ist wichtig, um zwischen der „natürlichen“ CO2-Masse m0 in der Atmosphäre und der durch menschliche Aktivitäten verursachten Erhöhung dieser Masse unterscheiden zu können.

Der 1550-seitige IPCC-Bericht Climate Change 2013 – The Physical Science Basis enthält dazu die folgenden Angaben:

  • C0 = 278 ppm (Seite 297: Since about 1750, the release of CO2 from industrial and agricultural activities has resulted in global average atmospheric CO2 concentrations that have increased from 278 to 390.5 ppm in 2011)
  • m0 = 590 PgC (Seite 926: … the mass of carbon (in the form of CO2) in the pre-industrial atmosphere (590 PgC))

Mit dem Umrechnungsfaktor von 44/12 gilt:

m0 = 590 PgC = 2163,3 Gt CO2 ==> C0 = 2163,3 * 0,128 = 277 ppm

(Umrechnung von 1 Gt atm. CO2-Masse in ppm siehe Herleitung)

Der Wert von ca. 278 ppm für die vorindustrielle CO2-Konzentration C0 paßt jedoch nicht zu den vorliegenden Meßdaten der jährlichen CO2-Emissionen zwischen 1750 und 1950 sowie den durch Eisbohrkern-Messungen ermittelten jeweiligen CO2-Konzentrationen, wie im folgenden gezeigt werden wird.

Ein wesentlich wahrscheinlicherer Wert für C0 ist ca. 295 ppm.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist das folgende Bild, in dem einerseits die kumulierten CO2-Emissionen m seit 1750 aufgetragen sind und andererseits die jeweils absorbierte (d.h. nicht in der Atmosphäre verbliebene) CO2-Masse, berechnet als

absorbierte CO2-Masse = m – (C – C0)/0,128 Gt > 0.

Die absorbierte Masse muß größer als 0 sein, weil nicht mehr absorbiert werden kann als ausgestoßen wird. Das wird im folgenden Bild für verschiedene vorindustrielle Konzentrationen C0 überprüft, wobei C0 die Werte 278, 285, 290, 292, 294 und 295 ppm annimmt:

Die Grafik zeigt, daß bei der Annahme von C0 = 278 ppm die Atmosphäre zwischen 1750 und 1960 mehr CO2 aufgenommen haben müßte als emittiert wurde,
weil jeweils (C-C0)/0,128 größer ist als die gesamte bis dahin emittierte CO2-Masse m (siehe auch CO2-Konzentration zwischen 1750 und 1900).

Beispiel: 1950 betrugen die kumulierten CO2-Emissionen 228 Gt, und es wurde eine CO2-Konzentration von 311 ppm gemessen. Das entspricht (311-278)/0,128 = 258 Gt. Wie kann 1950 die Atmosphäre 30 Gt mehr CO2 enthalten haben als bis dahin insgesamt emittiert wurden?

Eine Herausvergrößerung der Jahre zwischen 1880 und 1950 hilft bei der Entscheidung, welche Werte C0 vernünftigerweise haben kann:

Man sieht einerseits, daß alle Kurven vor ca. 1800 … 1890 oberhalb der kumulierten CO2-Emissionen liegen. Das heißt, daß man entweder den Eisbohrkern-Meßwerten nicht trauen kann oder daß die CO2-Konzentration im 19. Jahrhundert wegen anderer (natürlicher) Ursachen tatsächlich niedriger war, so wie es Etheridge 1998 vermutet hat: „probably as a result of colder global climate„.

Für die Jahre ab 1900 sind nur die Werte C0 >= 292 ppm glaubhaft, weil die entsprechenden Absorptionskurven oberhalb der Null-Linie und unterhalb des kumulierten CO2-Emissions-Verlaufs bleiben. Da die „Airborne Fraction“, der Anteil der in der Atmosphäre verbliebenen CO2-Emissionen, erfahrungsgemäß Werte zwischen 40 und 65 % annimmt, hilft ein Blick auf eine Darstellung der Airborne Fractions:

Der niedrige Wert aller Kurven zwischen 1920 und 1940 ist darauf zurückzuführen, daß die Eisbohrkernmessungen für diese Jahre vermutlich etwas zu hohe Werte lieferten und in der Folge für 1940 bis 1945 sogar (scheinbar) zurückgehende CO2-Konzentrationen, wie es bereits Etheridge aufgefallen war: „The Law Dome ice core CO2 records show major growth in atmospheric CO2 levels over the industrial period, except during 1935-1945 A.D. when levels stabilized or decreased slightly.

Der Wert C0 = 295 ppm hat vom Verlauf der entsprechenden Airborne Fraction – Kurve her die höchste Wahrscheinlichkeit, korrekt zu sein.

Das „Bern Carbon Cycle Modell“, mit dessen Hilfe die atmosphärischen CO2-Konzentrationen aus den jährlichen CO2-Emissionen berechnet werden können, führt zu einer Formel für die Berechnung der vorindustriellen CO2-Konzentration und ebenfalls zum Ergebnis C0 = 295 ppm.