Die Berücksichtigung eines solaren Zyklus, der die mittleren globalen Oberflächen-Temperaturen neben der AMO beeinflußt, führt zu einer sehr guten Reproduktion des bisherigen Temperaturverlaufs mit einer TCR von 1,73°C
Ausgangspunkt der Suche nach einem erweiterten Ansatz ist die Untersuchung der natürlichen Variabilität der mittleren globalen Oberflächen-Temperaturen (GMST), die ein Maß dafür darstellt, wie genau eine formelmäßige Reproduktion der GMST-Daten bestenfalls sein kann: Die natürliche Variabilität der GMST-Daten ist normalverteilt mit einer Standardabweichung σ = ±0,096 °C.
Der Umgang mit der natürlichen Variabilität stellt den entscheidenden Unterschied des Ansatzes dieser Arbeit im Vergleich zum IPCC-Ansatz dar:
- Die Abstraktion von der natürlichen Variabilität ist die Definition von „Klima“, denn die Variabilität verschwindet weitgehend bei einer Mittelung über 15 oder 30 Jahre. Es wird versucht, den GMST-Verlauf der letzten 170 Jahre durch einen Ansatz zu reproduzieren, der neben einem anthropogenen Anteil (proportional zu ln(C/C0) ) natürliche periodische Einflüsse berücksichtigt wie die AMO und solare Zyklen (siehe Regressionsanalyse). Ein solcher Ansatz ist gut, wenn er physikalisch sinnvoll ist, und vertrauenswürdig, wenn die mittlere Abweichung der Jahrestemperatur-Meßwerte zum Ansatz nicht größer ist als die Standardabweichung der normalverteilten natürlichen Variabilität.
- Der IPCC setzt für die Reproduktion historischer oder zukünftiger Temperaturen ausschließlich auf Simulationen. Damit wird die Komplexität der realen Welt nicht sinnvoll vereinfacht (Abstraktion durch Verzicht auf Unwesentliches), sondern ihr eine simulierte – nur mit Supercomputern beherrschbare und von Dritten nicht durchschaubare – Komplexität entgegengestellt, deren Unschärfe mit der chaotischen Natur der Realität entschuldigt wird: „Unsicherheiten bei Klimaprojektionen ergeben sich aus natürlicher Variabilität: Aufgrund der chaotischen Natur des Klimasystems gibt es grundsätzliche Grenzen, wie genau die Jahrestemperaturen projiziert werden können.“
Diese Antwort auf die FAQ-Frage 1.1 auf S. 140 im IPCC-Report 2013): „Wenn das Verständnis des Klimasystems zugenommen hat, warum konnte die Unschärfe der Temperaturvorhersagen nicht reduziert werden?“ führt zu der neuen Frage: „Sollte nicht eigentlich das Klima projiziert werden – und nicht Jahrestemperaturen?“
Der IPCC hält die Reproduktion natürlicher Variabilität sogar für ein Qualitätskriterium (siehe S. 824 des IPCC-Reports zum Thema „Evaluation von Modellen“):
„Eine wichtige Überlegung ist, daß die Modell-Leistung nur relativ zu früheren Beobachtungen bewertet werden kann, wobei die natürliche interne Variabilität berücksichtigt werden muss. Um Vertrauen in die Zukunftsprojektionen solcher Modelle zu haben, müssen das historische Klima – und seine Variabilität und Veränderung – gut simuliert werden.“
Ansatz 2019
Die Grundidee, natürliche periodische Klimaeinflüsse zu identifizieren, besteht darin, Differenzen von Meßwerten der mittleren globalen Oberflächen-Temperaturen mit Hypothesen vom Verlauf der anthropogenen Erwärmung zu bilden und zu untersuchen. Die 2019 hier publizierte Theorie ging von der Annahme aus, daß der IPCC mit seiner Zuschreibung recht hat, die Klima-Erwärmung um 1°C nach der Emission von 1600 Gt CO2 sei komplett anthropogen. Daraus folgte der logarithmische Ansatz T = 3,1*ln(C/C0).
Abb. 1 zeigt diesen Ansatz. In der geglätteten Differenzkurve erkennt man deutlich die überlagerte AMO. Es ist jedoch erstaunlich, daß diese gegen Ende des 20. Jahrhunderts mit immer kleineren Amplituden in Erscheinung tritt, denn die AMO schwingt ganz gleichmäßig (siehe AMO-Index). Eine Publikation von Steinman et al. (2015) erklärte den zurückgehenden Anteil der AMO mit der in einer negativen Phase befindlichen PDO.
Gleitende Mittel über die AMO-Periode von 68 Jahren eliminieren die AMO-Effekte in der Differenzkurve. Wenn dadurch eine Null-Linie entsteht, kann auf Identität zwischen Differenzkurve und AMO geschlossen werden. Die rote Kurve in Abb. 1 verläuft fast auf der Null-Linie (aus heutiger Sicht: jedoch weder vor 1930 noch nach 1975). Das Ignorieren der Abweichungen von der Null-Linie führte 2019 zu der Schlußfolgerung, die mittleren globalen Oberflächentemperaturen seien eine Überlagerung der AMO mit 3,1*ln(C/C0) – zumindest bis Ende des 20. Jahrhunderts. Die mittlere Abweichung der Meßwerte von diesem theoretischen Ansatz lag bei ±0,12°C, also deutlich über der Standardabweichung der natürlichen Variabilität (s.o.).
Verbesserter Ansatz 2020
Die mittlere Abweichung einer guten Theorie sollte der Standardabweichung σ=±0,096°C der normalverteilten natürlichen Variabilität nahe kommen; in diesem Sinne war der Ansatz von 2019 nicht vollständig und daher verbesserungsfähig.
In „Temperatur-Kalibrierung (IPCC 2013)“ wird hergeleitet, daß der IPCC-Ansatz T = m/1600 bis ca. 1970 mit dem Ansatz T = 2,5*ln(C/C0) nahezu identisch ist, weil für kleine x=(C-C0)/C0 gilt: ln(1+x) ≈ x.
Wie Abb. 2 zeigt, schwingt die Differenz des Ansatzes T = 2,5*ln(C/C0) zu den Meßwerten mit gleichbleibender Amplitude synchron zur AMO, wobei die Schwingung um eine langsam steigende Kurve erfolgt, die als der solare deVries / Suess-Zyklus mit einer Amplitude von 0,07°C, einer Periode von 208 Jahren, einem Minimum um 1880 und einem Maximum um 1985 interpretiert werden kann. Im IPCC-Report 2013 wird ab Seite 392 zu der Frage Stellung genommen „Is the Sun a Major Driver of Recent Changes in Climate?“ und in diesem Zusammenhang der vom 11jährigen Sonnenflecken-Zyklus überlagerte deVries/Suess-Zyklus als „Solar Component“ in einer Grafik dargestellt – siehe Abb. 3.
Der in Abb. 2 gefundene von der AMO überlagerte Zyklus paßt exakt zu dem in Abb. 3 vom IPCC beschriebenen Kurvenverlauf einer solaren „Komponente“ an der globalen Erwärmung – nur mit einer fünfmal so großen Amplitude. Die Theorie von 2019 wird damit um einen solaren Zyklus erweitert. Der neue Ansatz kann die Meßdaten ΔT mit einem mittleren Fehler von ±0,099°C wesentlich exakter beschreiben (siehe Regressionsanalyse; t=Jahr; C=CO2-Konz.):
ΔT = 0,02 + 0,1*sin(2π/68*(t-1927)) – 0,07*cos(2π/208*(t-1880)) + 2,5*ln(C/C0)
Abb. 4 zeigt, daß theoretische Kurve und gleitendes Mittel über ±7 Jahre sehr gut übereinander liegen, was erklärt, daß der mittlere Approximationsfehler sehr nahe an der mittleren Abweichung der Meßwerte von den geglätteten Werten liegt. Auch die mittleren Abweichungen der Meßwerte von der theoretischen Kurve sind normalverteilt – d.h. beispielsweise Vulkanausbrüche oder El-Niño-Ereignisse sind Teil dieser Zufalls-Schwankungen und müssen nicht gesondert betrachtet werden.
Die Berücksichtigung des solaren Zyklus verringert die Steigung der anthropogenen Komponente von 3,1°C auf 2,5°C; d.h. die TCR sinkt auf 1,73°C für eine Verdoppelung der CO2-Konzentration ab.
Eine Übersicht über alle Ergebnisse findet man unter „Globale Erwärmung“ ; was diese Ergebnisse für Prognosen bedeuten, wird für verschiedene Szenarien unter Extrapolationen dargestellt. Extrapolationen für 3 realistische Szenarien zeigt Abb. 5:
Die drei für Abb. 5 gewählten Szenarien sind realistisch in dem Sinne, daß keine der drei Szenarien annimmt, den Pro-Kopf-CO2-Ausstoß unter 2,5 t/Jahr drücken zu können. Alle drei Szenarien zeigen bis 2060 einen fast identischen Verlauf. AMO und deVries/Suess-Zyklus werden bis 2045 parallel eine negative Tendenz haben; daher wird die mittlere globale Oberflächentemperatur (GMST) bis dahin kaum ansteigen. Der Temperaturanstieg danach wird von der wieder ansteigenden AMO verstärkt. Das „weiter-wie-bisher“-Szenario 9.0 wird bis 2100 die GMST auf ca. 1,9°C steigen lassen; das IPCC-Szenario RCP 6.0, das auf eine bei 10 Mrd. stagnierende Weltbevölkerung setzt, aber sonst nichts ändert, kommt bis 2100 auf 1,7°C, während das IPCC-Szenario 4.5 maximal 1,5°C erreicht und dafür annimmt, daß die Weltbevölkerung nur bis 9 Mrd. anwächst, und daß es nach 2055 gelingt, die Pro-Kopf-Emissionen von 5 t/Jahr bis 2075 auf 2,5 t/Jahr abzusenken. Alle drei Szenarien halten das ursprüngliche Paris-Ziel einer maximal 2°C betragenden Erhöhung bis 2100 ein.